Die Kickboxer des TV 1868 steuern auf die Hunderter-Marke zu: Boxen bei Mädchen immer beliebter
Burghausen. „Bam, Bam – Du musst zeigen wer der Chef im Ring ist“, sagt Wolfgang Herkenroth, Abteilungsleiter der Kickboxer des TV 1868 und demonstriert eine Schlagkombination. Die jungen Sportler sehen ihm dabei genau auf die Fäuste, sie setzen um, was der erfahrene Boxer ihnen zeigt und können kaum abwarten, selbst loszulegen. Unermüdlich wiederholen sie die schnellen Bewegungen, die Fäuste zischen vor und wieder zurück.
Die Kickbox-Jugend des TV1868 trainiert diszipliniert und räumt auf mit „Schläger-Klischees“. Integration wird bei den Burghauser Boxern groß geschrieben und funktioniert.
„Wir kämpfen nicht mit Vollkontakt, das heißt wir nutzen alle Vorteile, die der Boxsport birgt, aber es gibt eben diese harten Schläge nicht“, sagt Herkenroth. Kickboxen wird immer beliebter. In den letzten Jahren hat die Abteilung viele Mitglieder gewinnen können: „Uns gibt es seit 1997. Damals hatten wir 18 Gründungsmitglieder. Heute sind es 93 und es werden immer mehr, weil auch mehr Frauen Interesse am Boxsport haben“, so Herkenroth.
Was für den ungeschulten Beobachter aussieht, wie wenn unkontrolliert die Fäuste fliegen, ist in Wirklichkeit „harte Arbeit, eine Menge Technik und ausgeprägte Körperbeherrschung“, sagt Jugendtrainer Christoph Leonhard. „Im Grunde wird der ganze Körper gefordert und trainiert. Eine gewisse Grundkondition ist schon wichtig, aber darüber hinaus gilt es auch Werte zu vermitteln. Der Sport ist die Gemeinsamkeit und schweißt erstmal zusammen“, sagt Leonhard.
Das sei auch der Grund dafür, dass es bei den Burghauser Kickboxern, wo viele Nationalitäten aufeinander treffen, in Sachen Integration keine Schwierigkeiten bestehen. „Auch wenn die Hautfarbe eine andere ist, der Körper ist bei jedem gleich, und um den geht es beim Kickboxen. Egal ob Russe, Thailänder oder Deutscher, im Training muss sich jeder schinden“, sagt Christoph Leonhard.
Der TV1868 setzt sich grundsätzlich sehr für einen integrativen Sport ein: „Aber dass gerade beim Kampfsport in der Integration so viel möglich ist, hätte auch ich nie für möglich gehalten. Es ist schon toll, was eine gemeinsame Begeisterung zu bewegen vermag“, sagt TV 1868 Vorstand Norbert Stranzinger.
Entgegen der Meinung von Außenstehenden ist es nicht so, dass beim Kickboxen gelernt werden soll, wie bei der nächsten Klopperei in der Disco am besten triumphiert werden kann. „Es gibt natürlich junge Leute, die kommen, weil sie lernen wollen, wo man am besten hinhaut, dass der andere gleich KO geht, aber die bleiben nicht lange bei uns. Meistens merken die von selbst, dass wir hier wegen des Sports herkommen und nicht, um zu schlägern“, sagt Jugendtrainer Leonhard.
Ebenfalls nicht zum Raufen kommen immer mehr Mädchen und junge Frauen zum Kickboxen. „Also ich komme wegen der Fitness und um Dampf abzulassen“, sagt Carolin Lechner. „Außerdem ist es ein Sport, den nicht jeder macht. Meine Eltern hatten am Anfang schon Bedenken, aber dann haben sie mal zugesehen und es akzeptiert“, erzählt Fabienne Bieger.
Obwohl der Sport in den letzten Jahren durch die Medien mehr und mehr an Bekanntheit gewonnen hat, findet Arina Tronin: „Der Sport hat ein falsches Image. Wir hauen uns ja hier nicht die Köpfe ein, sonst würden wir Mädchen das auch gar nicht machen. Manchmal nennen die uns in der Schule ‚Killerbräute‘, weil wir in unserer Freizeit boxen.“ Einen Vorteil hat das schlagkräftige Hobby allerdings schon: „Im absoluten Ernstfall, könnten wir uns einem Angreifer gegenüber schon besser verteidigen. Das beruhigt, ist aber nicht der Hauptgrund, weswegen wir gern hierher kommen“, sagen die drei Nachwuchs-Kickboxerinnen.
Die Jugend und Anfänger trainieren donnerstags ab 18.30 Uhr in der Turnhalle der Johannes-Hess-Schule. Zusätzlich gibt es ab sofort einen neuen Anfängerkurs für Erwachsene, der jeden Montag ab 20 Uhr in der Turnhalle St. Johann ist. – ka