“… und jetzt ist alles weg”

TV 1868 und SV Wacker haben mit “eklatantem” Mitgliederrückgang zu kämpfen

Burghausen. Von 2350 Mitgliedern in einer Zeit, in der es noch kein Corona gab, auf rund 1750 zum Jahreswechsel 2021/22. Dieser tiefe Fall tut weh, da musste der Vorsitzende des TV 1868 Burghausen, Norbert Stranzinger, erst einmal gewaltig schlucken. “Ganz eklatant” trifft der Rückgang das einst so erfolgreiche American-Football-Team, die Burghausen Crusaders, die vor Corona in der 3. Liga antraten. Und jetzt? Nahezu alle weg, Spieler wie Trainer, die Mannschaft nur für eine Aufbauliga gemeldet. Während auch der SV Wacker Burghausen starke Einbußen meldet, ist der DJK-SV Raitenhaslach bisher relativ gut durch die Pandemie gekommen.

Gerne erinnert sich Norbert Stranzinger an die Nachmittage zurück, als 300, 400 Leute auf die Sportanlage St. Johann kamen, um die Crusaders anzufeuern. Das ist wohl Geschichte. “Das war immer ein großes Highlight.” Jetzt nicht mehr. Durch die Einschränkungen im Trainingsbetrieb während der Corona-Zeit ist dem TV 1868 praktisch die gesamte Mannschaft samt Trainerteam abhanden gekommen. “Sie sind zu Vereinen in der ersten oder zweiten Liga gegangen, die als Profiteams gelten und so auch während der Pandemie trainieren durften”, erklärt Stranzinger. Bei den Amateuren, wie Burghausen, hätten andere Richtlinien gegolten, die einen regulären Trainingsbetrieb nicht erlaubten. “Das tut wahnsinnig weh. Da steckt so viel Arbeit drin, aber auch Geld des Vereins. Und jetzt ist alles weg.”

Sollte in diesem Jahr regulär gespielt werden, treten die Burghausen Crusaders in einer Aufbauliga an. “Wir haben uns freiwillig zurückgezogen. Das hätte ja keinen Sinn gemacht, wenn wir immer haushoch verlieren.” Mit vielen Jugendspielern ist die erste Mannschaft aufgefüllt worden, auch einen neuen Trainer hat es gebraucht. “Demnächst fangen wir im Waldpark Lindach mit dem Training wieder an und hoffen auf großen Zulauf”, sagt Stranzinger.

Doch die Footballer sind nicht die einzigen, die Sorgen machen. Verzwickt ist die Lage auch zum Beispiel im Ju-Jutsu. Während die Athleten, die dem Bundes- oder Landeskader angehören, trainieren dürfen, ist es denen, die knapp dran, aber nicht drin sind, nicht erlaubt. “Da muss man eine solidarische Gemeinschaft bilden und das Problem lösen”, sagt der TV-Vorsitzende.

Unzählige Turniere seien in allerlei Sparten ausgefallen, äußerste Vorsicht muss man im Gesundheitssport walten lassen. “Zu alter Stärke werden wir zu meiner Zeit nicht mehr zurückfinden”, sagt Stranzinger, der sich eigentlich bei der Neuwahl in zwei Jahren zurückziehen möchte. “Man muss schauen, ob wir das überhaupt wieder schaffen.” Sein Ziel für diesen Sommer: Die Marke von 1900 Mitgliedern wieder knacken.

Der SV Wacker hatte vor der Pandemie mit 5837 Mitgliedern noch die 6000 im Visier, muss nun aber schauen, mit einem Kraftakt in diesem Jahr wieder über die 5000 zu kommen. Um die 4500 sind es momentan, die beim Verein noch dabei sind, wie Geschäftsführer Heiko Hiller auf Anzeiger-Nachfrage sagt. “In einigen Bereichen wie Vitasport ist die Bindung zum Verein nicht so groß. Da sagen sich die Leute: ,Wieso soll ich zahlen, wenn ich nicht trainieren kann?‘” Anders sei es zum Beispiel beim Fechten, dort habe der Verein zuletzt gar ein “deutliches Plus” an Mitgliedern verzeichnet.

Allerdings setzt der SV Wacker noch nicht sofort alles daran, dem Trend entgegenzuwirken. “Zum jetzigen Zeitpunkt macht Werbung wenig Sinn, weil man die Regeln nicht kennt, wie sie in ein paar Wochen sein werden. Der Ausblick ist zu ungewiss”, sagt Hiller. Vielmehr wolle man bis zum Frühjahr warten, wenn man zum Sporteln auch wieder raus kann, “die Infektionszahlen hoffentlich zurückgehen und die Impfquote steigt”. Dann könne man gezielt Werbung machen, dann würden auch wieder mehr Leute kommen und dann könne der SVW mit seinen im Sommer neu gewählten, ehrenamtlichen Abteilungsleitern gut aufgestellt wieder so richtig durchstarten, ist sich Hiller sicher.

Nur um die 50 Mitglieder sind es in etwa, die der SV-DJK Raitenhaslach in der Pandemie-Zeit verloren hat, wie die Vorsitzende Christine Winterstetter sagt. “Von finanzieller Seite her und was die Mitglieder angeht, hält sich der Schaden in Grenzen.” Die im Sommer im Amt bestätigte Vorsitzende führt das darauf zurück, dass der Verein doch sehr “breitensportlich aufgestellt” ist und einen starken Dorfkern hinter sich weiß. 895 Mitglieder waren es noch im Juni 2020, knapp unter 850 sind es aktuell. “Wir haben keine Einnahmen aus dem Spielbetrieb und die Trainer sowie Übungsleiter sind bei uns ehrenamtlich tätig. Deshalb tut uns das alles nicht ganz so weh.”

Wohl aber die Pausen im Sportprogramm, die freilich sein mussten. “Im Seniorenbereich sind wir sehr vorsichtig, da wollten viele warten.” Das Kinderprogramm mit Turnen und Gymnastik ist derweil wieder gestartet. Wenn auch zum Beispiel “die Tanzmädchen immer noch nicht wissen, ob sie heuer überhaupt einen Auftritt haben werden”. Burghauser Anzeiger/Nöbauer