Tänzerisch den Gegner an die Wand spielen

Capoeira ist die vielleicht eleganteste Form der Selbstverteidigung – Neuausrichtung im TV unter neuem Trainer aus Traunstein

Beim Capoeira sind die Beine wichtige Waffen für Verteidigung, wie auch für den Angriff. Beim Schnuppertraining in der TV-Halle demonstrierte Sandra Souza alias Talismä (links) mit einer Partnerin verschiedene Techniken.   – Fotos: Wetzl

Eine Zäsur gibt es in der Abteilung Capoeira beim TV 1868 und damit verbunden zugleich die Hoffnung auf neuen Aufwind: Der Verein konnte Claudio de Jesus Souza als neuen Trainer gewinnen. Er betreibt in Traunstein eine Capoeira-Schule und hilft nun auch den Burghauser Sportlern, die Bewegungen dieser vielleicht elegantesten Selbstverteidigungs-Technik zu erlernen. Parallel dazu gibt es auch eine neue Abteilungsleiterin. Eva Vollmerhausen aus Emmerting, die schon von 2014 bis 2016 die Burghauser Capoeiras angeführt hat, gibt jetzt wieder das Kommando und löst in diesem Amt Nadja Dorn ab.

Bei einem öffentlichen Schnuppertraining in der TV-Halle stärkte der Vereinsvorsitzende Norbert Stranzinger der neuen Abteilungsleiterin den Rücken, denn in den zurückliegenden Wochen hatte es deshalb Differenzen gegeben. Stranzinger sprach von bösen und falschen Gerüchten, die verbreitet worden seien und stellte klar: “Bei uns im TV gibt es keinen professionell bezahlten Sport. Auch der neue Trainer bekommt wie alle anderen lediglich 7 Euro. Wir lassen uns hier nicht den Aufbau der Abteilung zerstören. Da werde ich grantig.”

Capoeira ist mehr als nur Kampfsport. Allein schon die Bewegungen sind nicht nur zweckgerichtet. “Es geht auch darum, den Gegner durch eigene Bewegungen zu verwirren. Dabei steht im Vordergrund das Ausweichen, also die Verteidigung und erst an zweiter Stelle der Angriff”, erläutert Claudio de Jesus Souza. Der 37-jährige widmet sich nach eigenen Worten seit 29 Jahren dem Capoeira. Er schreibt seine Lieder selbst und ist zudem ein guter Musiker. Denn zum Capoeira-Training gehört für ihn Live-Musik zwingend dazu .Wenn er den Rhythmus für die Bewegungen des Körpers mit dem Klangstock “Berimbau” oder der Fasstrommel “Atabaque” vorgibt, dann wird gleich auch klar: Capoeira ist nicht nur Kampfsport, sondern Ausdruck eines Lebensgefühls, das sich auch aus tänzerischen und kulturellen Elementen speist.

Die weltweite Vereinigung der Capoeiras nennt sich nicht von ungefähr “Abadá”, was eine portugiesische Abkürzung ist für die Vereinsziele, für die Förderung von Capoeira einzutreten. Das Land Brasilien, in dem Portugiesisch gesprochen wird, will dieser Verein anderen nahe bringen, will die Kultur und die guten Zeiten des riesigen Gebiets zwischen Amazonas und Zuckerhut herausstellen. “Ich selbst verdanke Capoeira viel und mir geht es auch darum, das negative Image, das Brasilien oft hat, reinzuwaschen” hebt der neue Trainer als eines seiner Ziele heraus.

Im Capoeira erhält ein Sportler auch einen neuen Namen. Die Burghauser Capoeiras nennen ihren Trainer mit Respekt “Fala Manso”, was so viel bedeutet wie “der sanft und ruhig Sprechende”. Den Namen hat Souza insbesondere durch seine Fähigkeiten als Sänger bekommen. Zum Schnupperkurs hatte er aber auch noch weitere Prominenz hinzugeholt. Lucio Pretão aus München, der bei der zurückliegenden Weltmeisterschaft den vierten Platz erlangt und den Grad “Professor” erreicht hat, demonstrierte meisterhaft, wie elegant und zugleich effizient Capoeira sein kann.

Ein ans Training anschließendes Kampfszenario sieht so aus: Die Gruppe bildet einen Kreis, einige machen Musik und innerhalb des Rings kämpfen zwei von ihnen. Eva Vollmerhausen betont dabei: “Wir sagen eigentlich, die beiden spielen. Denn wir sehen uns ja nicht als Gegner.” Katzenhafte Bewegungen, die gute gymnastische Fähigkeiten erfordern, schnelle Stöße und Wendungen bestimmen das Bild – dem Gegner ausweichen und einen günstigen Moment zum eigenen Angriff suchen, das ist wie bei allen anderen Kampfsportarten so. Aber so elegent und tänzerisch leicht geht das nur im Capoeira.

Die Abteilung würde sich freuen, neue Interessenten zu gewinnen. Derzeit gehören 35 Mitglieder dieser Sparte an, davon ein Drittel Kinder und Jugendliche. Jeder kann mitmachen. Es gibt keine eigene Abteilungsgebühr. Im Mitgliedsbeitrag des Vereins ist auch die Teilnahme am Capoeira-Training enthalten. Training ist jeden Freitag in der Turnhalle der Hans-Kammerer-Schule – von 17 bis 18 Uhr für Kinder (ab 4 bis etwa 10 Jahre) und danach von 18 bis 20 Uhr für Erwachsene und Jugendliche (ab 10 Jahren).− rw/Burghauser Anzeiger